Alle blicken gespannt auf das nächste Jahr. Die Bundesregierung hat ihre Wachstumserwartung für 2023 heruntergeschraubt. Aber auch die Inflation könnte im zweiten Halbjahr zurück gehen. Das müsste sich eigentlich positiv für die Wirtschaft auswirken. Eine Rezession lässt sich jedoch wohl trotzdem nicht vermeiden. Bevorstehende Zinserhöhungen machen die Situation nur noch schlimmer.
Schädliche Geldpolitik
„Die Notenbanken müssen jetzt aufpassen. Sie setzen relativ starre Politikinstrumente zur Inflationsbekämpfung ein.“ sagt Markus Herrmann, der Manager des Deutschland-Fonds der LOYS AG. Damit bezieht er sich auf die großen Zinsschritte der Fed und die von der EZB zu erwartenden Zinsänderungen. „Aktuell wirken vor allem hohe Energiekosten und Lieferengpässe inflationstreibend in Deutschland. Das sind überwiegend realwirtschaftliche Faktoren.“ Herrmann zieht einen Vergleich mit einer beliebten Anekdote aus der Statistik.
Statistiker zitieren gern das Beispiel eines Menschen, der eine Hand auf die heiße Herdplatte hält und die andere in einen Eimer kaltes Wasser taucht. Im Durchschnitt mag die Temperatur seiner Hände dann die gewünschten 37 Grad betragen. De facto hat er sich eine Hand verbrannt, sich damit also einen Schaden zugefügt. „Ähnlich schädlich ist es, wenn eine Notenbank mit Zinserhöhungen versucht, solche Probleme zu lösen, die nur die Politik beheben kann. Das fehlende Angebot an Energieträgern oder das verfehlte Merit Order System bei der Preisbildung an den Strommärkten kann die EZB nicht ändern.“ so Herrmann. Zinserhöhungen zielen auf die Geldmenge ab und die ist derzeit eben nicht die Ursache für die hohe Inflation. Gewissermaßen macht die Notenbanken aus einem Problemfeld eher zwei, wenn sie mit übertriebenen Zinserhöhungen eingreift, weil ihre restriktive Geldpolitik ohnehin zu spät kommt und nun jede Wachstumsoption im Keim erstickt.
Schnelle Konjunkturpolitik
Wie auch schon zu Corona-Zeiten hat die Politik dagegen recht zügig Lösungen für Bürger und Unternehmen erarbeitet. Viele Anleger hat dennoch der Mut verlassen. Im September war die Stimmung in der deutschen Wirtschaft auf einem historischen Tiefstand angekommen. Dass es auch wieder besser wird, daran glaubt im Moment anscheinend niemand. Das spiegelt sich in sehr niedrigen Bewertungen der deutschen Unternehmen an den Börsen wider. Dabei bleiben zwei Faktoren außer Acht.
Die Aktien vieler Unternehmen erlitten Kursrückgänge von 50 oder 60 Prozent seit Jahresbeginn, obwohl sie volle Auftragsbücher haben und weiter profitabel arbeiten. So gab der Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer vor wenigen Tagen bekannt, dass man zwar im nächsten Jahr etwas weniger produzieren würde, aber die Belegschaften aufstocken wolle. Eine mögliche Rezession würde auf diese Weise besser verkraftbar für die deutsche Wirtschaft. Ähnliches gilt auch für deutsche Unternehmen aus dem Konsumsektor.
Die für Produzenten wichtigen Rohstoffpreise für Öl, Erdgas, Kupfer oder Zinn sind zudem seit Monaten rückläufig. Sie sind seit Beginn des Ukraine-Krieges zwischen 25 und 30 Prozent gesunken. Die Inflationsrate dürfte daher für das zweite Halbjahr 2023 einen Dämpfer erhalten. Per heute ist sogar der Gaspreis wieder auf seinem Niveau von vor einem Jahr angekommen. Das sorgt für Entlastung auf der Kostenseite bei Unternehmen und Verbrauchern.
Chancen für Anleger
Während sich also Unternehmen und Politik schnell auf die Herausforderungen eingestellt haben, wird am Kapitalmarkt vielfach noch nach statischen oder quantitativen Maximen entschieden: ‚Gaspreis rauf‘ wird da gleichgesetzt mit ‚Chemie-Aktien raus‘. Dabei ist gerade die Chemie-Branche schnell auf einen extremen Sparkurs beim Energieverbrauch eingeschwenkt. Für solche verkürzten Denkmuster gibt es noch mehr Beispiele. Das gilt auch für die Media & Games AG, eine der Holdings im Deutschlandfonds von Markus Herrmann. Für das laufende Jahr erwarten Analysten einen doppelt hohen Umsatz gegenüber 2020 und ein fast fünf Mal so hohes das Ergebnis vor Zinsen und Steuern gegenüber 2020. Trotzdem ist der Börsenwert seit Jahresbeginn um zwei Drittel eingebrochen.
„Aus meiner Sicht macht das ökonomisch keinen Sinn. Es gibt genug Werte mit minus 50 Prozent Kursverlust, obwohl sie hochprofitabel wirtschaften und schon mehrere Krisen gut überstanden haben.“ führt Herrmann aus. Er favorisiert Titel mit hohem Free Cashflow, die die Transformation der deutschen Wirtschaft vorantreiben. Das ergibt ein breites Spektrum an Werten. Dazu zählen Produzenten im Bereich der alternativen Energieerzeugung oder E-Commerce bzw. Cloudcomputing Unternehmen wie Software AG und TeamViewer, aber genauso gut ein Chemiewert wie Covestro. „In einem Jahr werden viele Investoren auf deutsche Nebenwerte schauen und sich wundern, dass es hierzulande Titel mit zweistelligem Gewinnwachstum zu einstelligen KGVs gibt.“ Sollten die Kurse auch diesmal 6 bis 9 Monate vor der Konjunkturerholung drehen, dann wird es jetzt höchste Zeit für eine Börsen-Einkaufsliste.
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Frankfurt, 12. Oktober 2022